Fein säuberlich hat Anton Hörl sein Nymphenburger Porzellan in der Vitrine hinter Glas verschlossen. Es sind grazile Bustelli-Figuren. Mittendrin sitzt da noch ein „Schoßhündchen“ namens „Daisy“ – eine Auftragsarbeit für Rudolph Moshammer im Jahre 2003. Oben auf der Vitrine steht auch Porzellan, stilistisch anders mit eigenem Ausdruck. Eine Geigerin mit surrealem Körperbau, daneben Bozzetti – grobe Modellskizzen aus Ton gemacht.

Moshammers "Daisy" vor laufender Kamera

All diese Figuren in der Altbauwohnung im Münchner Westend stammen aus der Hand von Anton Hörl. Er zählt zu den besten Modelleuren der Porzellanmanufaktur Nymphenburg. Hörl hat dort vor 32 Jahren Porzellanfigurist gelernt und leitet heute die Figurenabteilung. Bei laufender Filmkamera habe er damals Daisy modelliert, erinnert sich der Figurist. Auch der Bayerische Filmpreis, der „Blaue Panter“, sei von ihm.

Bescheidenheit neben mannshoher Kunst

Wenn Hörl von sich als Künstler erzählen soll, wird er zurückhaltender, obwohl er kürzlich zu den nominierten Preisträgern des Londoner „Zelli Award 2008“ gehörte, einem internationalen Porzellankunst-Wettbewerb. Es habe lange gedauert bis er „selbstbewusst genug“ gewesen sei, um mit eigenen Arbeiten in Erscheinung zu treten. „Ich will nicht peinlich sein mit dem was ich mache“, sagt Hörl bescheiden und steht gerade neben einer mannshohen Terrakotta-Statue in der Diele seiner alten Wohnung. Sie posiert vor einem raumhohen Spiegel, ist indirekt beleuchtet und anmutig schön. „Das sind Faun und Nymphe“, sagt Hörl, zwei in sich verschlungene Gestalten. Der Faun ist wild animalisch. Die Nymphe weich und weiblich.

Langezogene Körper

Sein großes Vorbild ist der Porzellanfigurist Franz Anton Bustelli, der bis zu seinem Tod 1763 die Nymphenburger Werkstätten leitete. „Er war der Michelangelo der Porzellankunst und hat Nymphenburg berühmt gemacht", sagt Hörl. Ein anderes Vorbild Hörls ist der Schweizer Bildhauer Alberto Giacometti, der 1966 in Chur starb. Hörls Porzellanfigur „Die Geigerin“ hat eine ähnlich langgezogene Körperproportion, wie Giacomettis weltberühmte surrealistische Figuren.

Und immer sind es Figuren

Er zeichnet Akte und Portraits in Bleistift, Tusche, in Tee und Kaffee, und er malt Landschaften in Aquarell. Auch in seinen Aquarellen kann er von Büsten und Statuen nicht lassen. Sie schleichen sich immer irgendwo ins Landschaftsmotiv ein. Und wenn es keine bildhauerischen Elemente gibt, dann malt Hörl eben Dörfer. „Auch die Architektur ist für mich eine Skulptur.“ Er möchte das Schöne ausdrücken. Seine Kunst sei die Renaissance der Gegenständlichkeit gegenüber der Orientierungslosigkeit in der Gegenwartskunst, erklärt Hoerl.

„Und, Kunst ist der Ausdruck für alles, was uns bewegt – Liebe, Trauer, Erotik, Panik. Es sind immer die gleichen Themen, die die Menschen haben.“ Egal aus welcher Epoche die Künstler stammen, immer hätten sie sich alle nur mit diesen Themen befasst, so die Meinung Hörls.

Auch Rudolph Moshammers „Daisy“ war ein Kunstwerk für sich, jedenfalls hat Moshammer eines aus ihr gemacht. Hörl erinnert sich noch gut, als man die Terrier-Dame, auf Samtkissen gebettet, zu ihm an den Arbeitsplatz in der Nymphenburger Manufaktur getragen hatte.

Kultur-Tipp in München vom 4. bis 6. April

Die Ateliertage "open Westend" finden jährlich im Frühjahr statt. Dann laden vierzig Künstler im Münchner Westend in ihre Ateliers ein. Eine Besonderheit sind die vier Kirchen des Stadtteils. Ihre Kirchenschiffe werden von vier Künstlern zu je einem Kunstwerk verwandelt. Auch Anton Hörl lädt zu sich ein. In seinem Atelier warten „Faun und Nymphe“ und klassische Musik auf die Besucher.